Stadtteilmanagement
Heidenau-Nordost

Hinter den Kulissen: Schuldnerberatung

Wer kennt sie nicht, die wöchentlich in den Briefkasten flatternden bunten Reklameblätter, die mit Sonderangeboten und 0%-Finanzierungen um die Gunst der Empfänger werben. Selten war es so einfach wie heutzutage, sich materielle Wünsche zu erfüllen. Doch manchmal läuft eben nicht alles nach Plan und durch Jobverlust, Krankheit oder einfach nur Pech kann man bestimmten Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Und mit genau solchen Fällen hat mein netter Kollege im Nachbarbüro täglich zu tun.

Durch seinen langjährigen juristischen Hintergrund kann Herr Erdbrink bei Schuldenproblemen fachgerecht und effektiv beraten.

Ein Artikel über die Schuldner- und Insolvenzberatung: Ein Thema über das niemand wirklich gern spricht und welches meiner Meinung nach auch eigentlich recht selbsterklärend ist. Aber im Gespräch mit Herrn Erdbrink musste ich einige Male nicht schlecht staunen und war überrascht, wie komplex und heterogen diese Thematik doch eigentlich ist.
Die AWO Schuldner- und Insolvenzberatung berät Betroffene bei finanziellem Ungleichgewicht. Das Hilfeangebot richtet sich an überschuldete und von Überschuldung bedrohte Menschen. Hauptbestandteile bilden die soziale Schuldnerberatung und die Verbraucherinsolvenzberatung. Im Gegensatz zu gewerblichen Anbietern ist das Angebot kostenfrei. Selbstverständlich finden alle Beratungen streng vertraulich statt und es gilt die Schweigepflicht. Soviel verrät die Informationsbroschüre auf den ersten Blick. Doch an wen richtet sich dieses Angebot speziell? „Ein Großteil unserer Besucher nutzt die Beratung freiwillig. Dabei findet sich ein breiter Ausschnitt, was etwa soziale Position, Alter oder Schuldenhöhe betrifft, wieder.“, erklärte mir Herr Erdbrink. Ebenso erfuhr ich, dass viele Schuldensituationen gar nicht unbedingt selbstverschuldet sind.

„Ein großes Problem ist, dass viele Schuldner eine große Scham davor haben, unsere Beratung in Anspruch zu nehmen. Natürlich ist es schwer, offen darüber zu sprechen. Nur das absolut schlimmste Verhalten im Schuldenfall ist es, nichts zu tun.“, erfuhr ich. „Unser erklärtes Ziel ist die Hilfe zur Selbsthilfe!“, erklärte Herr Erdbrink weiter und ich verstand relativ schnell, dass man bereits mit einigen wenigen, aber sehr wichtigen Handlungen Sorgen und Ängste zu drohenden Vollstreckungsmaßnahmen, Wohnungsverlust oder Energiesperre überwinden und wieder zu mehr innerer Ruhe finden kann. „Nach der Bestandsaufnahme ist der wichtigste Schritt immer zuerst die Primärbereiche, wie etwa Wohnung oder Energie, zu sichern. Auch ist vielen SchuldnerInnen oft nicht bewusst, dass man einem Menschen nicht ohne Weiteres der Lebensgrundlage berauben kann. Sobald sie dies verstanden haben, kann man sich konzentriert und Schritt für Schritt ohne Panik den einzelnen Baustellen widmen.“, erklärte mir der Schuldnerberater.

Der erste Schritt ist ein umfangreiches Beratungsgespräch, in welchem die eigenen Probleme und passende individuelle Möglichkeiten erörtert werden.

„Der Bedarf hier im Gebiet ist sehr groß. Aktuell haben wir eine mehrwöchige Wartezeit für einen Beratungstermin.“, erfuhr ich erstaunt. Umso mehr ärgert es Herrn Erdbrink, dass es leider auch vorkommt, dass Klienten einfach nicht zu ihrem Termin erscheinen. Abgesagt wird da selten. „Ich kann verstehen, dass ein solcher Termin für viele einen mutigen Schritt bedeutet, aber in dieser verlorenen Zeit hätte ich einem anderen Menschen schon sehr viel weiter helfen können.“, erklärte er mir mit leicht ärgerlichem Gesicht. „Das ist nicht fair anderen gegenüber!“, ergänzte er.

„Ganz nebenher leisten wir auch oft psychosoziale Beratung und Lebenshilfe“, erklärt mir Herr Erdbrink weiter, „denn in vielen Fällen stecken kleinere oder größere Schicksalsschläge hinter den Problemen und in solchen Fällen kann man nicht einfach nur auf die Zahlen schauen.“ Mit einem Lächeln erzählte er mir, dass es vielen Betroffenen oft schon helfe, wenn man einfach mal einen Zuhörer hat, mit dem man offen über die eigenen Probleme sprechen kann.

Der wichtigste Schritt für eine erfolgreiche Arbeit ist das genaue Sichten und Kategorisieren aller Unterlagen.

Wirklich schockiert haben mich die Erzählungen über das Vorgehen vieler großer Versandhändler und Banken und die Art und Weise, wie sie kalkulatorisch mit der potenziellen Zahlungsunfähigkeit ihrer Kunden bewusst agieren und wirtschaften. An vielen großen Unternehmen ist eine eigene Inkassofirma angegliedert und plötzlich wird das anfangs vielversprechende und günstige Lockangebot zur heimtückisch platzierten Schuldenfalle.

Was nehme ich mit aus dem Gespräch? Zuallererst einmal, dass finanzielle Probleme niemanden peinlich sein müssen. Außerdem habe ich verstanden, dass man bereits sehr viel erreichen (und seine persönliche Situation verbessern) kann, wenn man sich überhaupt erst einmal mit der Problematik auseinandersetzt. Denn nichts zu tun, ist auf alle Fälle der verkehrteste Weg. Schulden verschwinden nicht einfach über Nacht (sie vermehren sich erfahrungsgemäß eher), aber man kann (oft sogar recht einfach) selbst dafür sorgen, dass sie irgendwann verschwinden.

Wie viele andere Beratungsangebote (und natürlich auch mich) findet man Herrn Erdbrink und die AWO Schuldnerberatung im Stadthaus am Marktplatz.

Allen Betroffenen rate ich, Kontakt mit der AWO Schuldnerberatung aufzunehmen und einen ersten unverbindlichen Beratungstermin zu vereinbaren.