Stadtteilmanagement
Heidenau-Nordost

Hinter den Kulissen: Die Tafel

Als ich am Ausgabetag früh kurz vor acht in die Räumlichkeiten der Tafel kam, war das fünfköpfige Team bereits voll bei der Sache. Es wurden Lieferungen ausgeladen sowie Lebensmittel geprüft und einsortiert. Als ich meinen Besuch anmeldete bat ich um einen möglichst authentischen Einblick in die Arbeit vor Ort. Und den sollte ich auch bekommen, aber dazu später mehr.

Neben einem herzlichen Lächeln wurde ich mit einer leuchtend orangefarbenen Schürze begrüßt. „Die trägt hier jeder bei der Ausgabe und du wirst sie bestimmt auch brauchen.“, warnte mich die Kollegin vor. Der positive Nebeneffekt war, dass ich mich auf alle Fälle direkt schon einmal optisch ins Team integriert fühlte. Wobei es nur wenige Augenblicke dauerte, bis es auch auf zwischenmenschlicher Ebene wunderbar harmonierte. Die Stimmung vor Ort zwischen den Kollegen ist wirklich äußerst aufgeschlossen und kollegial. Hier packt jeder beim anderen mit an und man hört auch gern mal einen spaßig gemeinten Spruch, wenn etwas schief läuft. Über den Tag verteilt erfuhr ich immer wieder persönliche Details über die verschiedenen Motivationen und Vorgeschichten der Helfer. Und dabei wird ganz schnell klar, dass alle hier mit Leidenschaft dabei sind. Die meisten tun es schlicht aus Überzeugung.

„Jetzt geht’s los!“, schallte es durch den Raum und schon öffneten sich die Türen des gerade angekommenen Transporters vor der Tür. Mehrere Dutzend der grünen Klappkisten waren fein säuberlich darin gestapelt und die übrigen Freiräume waren unter anderem mit Eimern voller Schnittblumen oder kleinen Kisten mit Spielzeug ausgefüllt. „Von Zeit zu Zeit bekommen wir immer mal etwas Besonderes geliefert.“, wurde mir erklärt. Ich versuchte irgendwie schnell das Verhalten der anderen zu adaptieren und reihte mich in die „Eimerkette“ ein, welche die gesamte Ladung nach innen beförderte. Schon beim flüchtigen Blick in die Kisten war ich über das vielfältige Angebot erstaunt. Fleisch, Backwaren, Milchprodukte, Obst, Gemüse, Kräuter, … alles war dabei. „Einige Sachen werden heute bestimmt knapp.“, vernahm ich von links und vertraute überrascht auf die Erfahrung der schon viele Jahre hier Arbeitenden. Bereits beim Abladen der Kisten im Laden machte sich das sehr knappe Platzangebot bemerkbar und ich hatte ständig das Gefühl im Weg zu stehen oder Kisten unabsichtlich als Stolperfallen zu platzieren. Beeindruckt war ich, wie routiniert das Team der Tafel mit dem knappen Platz klar kommt.

Was nun folgte war der Arbeitsschritt, welchen ich im Vorfeld völlig unterschätzte. Die angelieferten Waren mussten händisch aussortiert und einsortiert werden. Besonders dankbar sind hier die Kisten vom eigenen Tafelgarten. Ich war wirklich überrascht, dass den Tafelkunden feldfrischer Salat und eine riesige Kräuterauswahl geboten wird. Viele der Kisten waren jedoch inhaltlich bunt gemischt und als ich anfing die großen Mengen an Kirschen und Himbeeren einzeln zu kontrollieren, wurde mir klar, welche Arbeit hier wirklich in der Vorbereitung zu erbringen ist. Gerade beim Obst und Gemüse muss jede einzelne Packung geöffnet und jedes nicht verwertbare Stück aussortiert werden. Hier darf man auch definitiv nicht zimperlich sein. Als ich gelegentlich etwas zu motiviert zugriff, war ich wirklich froh über Schürze und Handschuhe. Und spätestens wenn man schon die ersten Tafelkunden vor der Tür warten sieht, wird einem bewusst, dass hier alles im Akkord geschehen muss, damit die Ausgabe pünktlich starten kann.

Schließlich erfuhr ich, dass ich an dem Tag meine eigene Ausgabestation betreuen werde. Schnell gab es noch ein paar nützliche Infos für mich, wie etwa, welche Mengen pro Person üblich sind und worauf ich achten muss, damit auch der letzte Kunde in der Schlange noch etwas bekommt. Auch wird bei der Nahrungsmittelausgabe auf verschiedene Vorlieben, religiöse Hintergründe und Unverträglichkeiten Rücksicht genommen. Viele Kunden sind schon bekannt und man geht fast freundschaftlich miteinander um. Die Stimmung insgesamt war wirklich sehr angenehm.

Aber es gab leider auch Ausnahmen. Schon im Gespräch mit den Helfern erfuhr ich von unschönen Vorkommnissen in der Vergangenheit. Es ist wohl leider nicht zu verhindern, dass es regelmäßig Kunden gibt, welche einem übermäßig arrogant entgegentreten oder sich lautstark beschweren, wenn von bestimmten Lebensmitteln leider zu wenige vorrätig sind oder das Obst einen kleinen Fallschaden hat. Was meiner Meinung nach jedoch definitiv zu weit geht, ist, wenn die Mitarbeiter übel beschimpft werden. Hier haben sich alle ein dickes Fell antrainiert und lassen sich ihre Motivation von solchen Ausreißern nicht mindern. Das bewundere ich!

Mein Tag bei der Tafel war wirklich harte Arbeit und ich war froh, als ich die Schürze wortwörtlich wieder an den Nagel hängen durfte. Alle anderen Mitarbeiter sind jedoch jede Woche wieder für das bunt gemischte Klientel da und übernehmen eine unglaublich wichtige Aufgabe im Quartier. Ich würde mich freuen, wenn genau diese Arbeit auch mehr geschätzt wird und hoffe, dass dieser kleine Einblick ein wenig dabei hilft.